Nur wenige Tage nach Erscheinen der wissenschaftlichen Erstbeschreibung des Baby-Dinosauriers Sciurumimus albersdoerferi (der „Eichhörnchen-Nachahmer") steht zum zweiten Mal ein fossiles Jungtier aus dem Solnhofener Museum im Fokus der internationalen Wissenschaft. Diesmal handelt es sich um einen Jung-Flugsaurier mit dem Namen bellubrunnus rothgaengeri. Die Erstbeschreibung erfolgte durch ein deutsch-britisches Wissenschaftlerteam in der renommierten internationalen Online-Fachzeitschrift PloS ONE durch David Hone (Universität Bristol, UK), Helmut Tischlinger (Stammham), Eberhard Frey (Karlsruhe) und Martin Röper (Solnhofen).
Mit einer Gesamtlänge von nur 14 cm ist das in den Oberjura-Plattenkalken von Brunn (Oberpfalz) gefundene Fossil der kleinste Langschwanzflugsaurier Europas. Wie der Gattungsname Bellubrunnus (lat. „bellus" hübsch) zum Ausdruck bringt, besticht der Fund durch seine ungewöhnlich gute Erhaltung. Der Artname rothgaengeri ehrt die Finderin des Fossils, Frau Monika Rothgaenger. Die akribischen und sehr zeitaufwendigen Präparationsarbeiten führte vor einigen Jahren Martin Kapitzke (Stuttgart) durch.
Die filigranen Knochen dieses Flugsauriers sind bis in feinste Details so perfekt erhalten, dass man meinen könnte, es läge ein heutiges Knochenskelett in der Gesteinsplatte. Dass es sich um ein Jungtier handelt, zeigen unter anderem die relativ großen Augen, die Kopfform sowie die Beschaffenheit der Extremitätenknochen."
Als sehr wichtiges Hilfsmittel bei der Untersuchung der teils winzigen Skelettknochen dienten die von Dr. Helmut Tischlinger unter ultraviolettem Licht erstellten Dokumentationsaufnahmen. „Unter UV erkennt man viele Details, die im normalen Licht nicht sichtbar sind, wie zum Beispiel den Bau der Schädelknochen, feinste Knochengrenzen oder nur gering verknöcherte Skelettelemente. All dies war für die wissenschaftliche Bearbeitung sehr bedeutsam", sagt Dr. Helmut Tischlinger.
Dr. David Hone, der das Forscherteam anführte, macht auf die seltsam geformten äußersten Flugfingerknochen aufmerksam: „Die stark nach außen gekrümmten Flügelspitzen könnten bei Flugmanövern eine wichtige aerodynamische Rolle gespielt haben".
Die Autoren stellen die neue Gattung Bellubrunnus in die Familie der Rhamphorhynchidae, zu der auch die aus dem Solnhofener Plattenkalk gut bekannten Langschwanzflugsaurier der Gattung Rhamphorhynchus zählen. Von diesen unterscheidet sich Bellubrunnus unter anderem in der Bezahnung, dem Bau der Schwanzwirbelsäule und den Proportionen der Gliedmaßen. Das Exemplar ist der bisher einzige Fund dieser Art und Gattung.
Bellubrunnus stammt aus dem Oberen Kimmeridgium, und zwar aus der subeumela-Subzone. Damit ist er der geologische älteste bisher beschriebene Flugsaurier aus den Solnhofener Fossillagerstätten überhaupt.
Die vor zwei Jahrzehnten von der Regensburgerin Monika Rothgaenger für die Wissenschaft entdeckte Fossillagerstätte Brunn (Landkreis Regensburg) enthält eine Fauna, die entwicklungsgeschichtlich eine Vorstufe zu der berühmten Fauna aus dem Unteren Tithonium von Solnhofen und Eichstätt darstellt. Zudem zeigen sich sowohl bei der marinen als auch der terrestrischen Flora und Fauna überraschend große Parallelen zu den französischen Plattenkalken von Cerin. Die Ersterforschung der Lagerstätte Brunn, die auf internationaler Ebene in Gang gekommen ist, gilt als Lebenswerk von Monika Rothgaenger.